5. Bildung und Freizeit

5.b Frühe Bildung

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Frühe Bildung, Betreuung und Erziehung unterlag im Berichtszeitraum einem weitreichenden Wandel (in Bezug auf das Recht auf Bildung, zu dem auch frühe Bildung gehört; siehe Kapitel 8 (a)). Hierbei gehörte vor allem der quantitative Ausbau der Kindertagesbetreuung vor dem Schuleintritt zu den Handlungsschwerpunkten der Bundesregierung, mit dem Ziel einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie zum Ausgleich von Diskriminierung von Familien mit sozioökonomischen Benachteiligungen. Die Einführung eines Rechtsanspruchs auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung beziehungsweise Kindertagespflege 2013 sowie milliardenschwere Investitionen in den Ausbau des Kindertagesbetreuungsangebots führten zu einem Anstieg der Betreuungszahlen: 2017 wurde jedes dritte unter 3-jährige Kind und 93,6 Prozent der 3- bis 5-Jährigen – insgesamt über 3,1 Millionen Kinder – in über 50.000 Kindertageseinrichtungen sowie durch zusätzlich circa 44.000 Kindertagespflegepersonen betreut.

Der Bedarf an Betreuungsplätzen wuchs jedoch ebenfalls. In allen Bundesländern war der Betreuungsbedarf für unter 3-Jährige größer als das Angebot; durchschnittlich betrug die Angebotslücke 2017 circa 12 Prozent. Bis 2025 werden für Kinder bis zum Schuleintrittsalter voraussichtlich mindestens 600.000 zusätzliche Plätze benötigt.

Noch immer bestehen zwischen Bundesländern große Unterschiede hinsichtlich Bedarfsdeckung, Finanzierung, Elternbeitragshöhe, Fachkräftequalifizierung, Fachkräftemangel, Betreuungsschlüssel und Betreuungsumfang. In Ostdeutschland ist der vereinbarte Betreuungsumfang für unter 3-Jährige durchschnittlich um 7 Stunden größer als in Westdeutschland, und mit rund 42 Wochenstunden länger als eine Arbeitswoche von Vollzeiterwerbstätigen.

Angesichts des wachsenden Betreuungsumfangs insbesondere für sehr junge Kinder wurde jedoch die qualitative Herausforderung im Berichtszeitraum nicht ausreichend bewältigt. Auch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung (Gute-KiTa-Gesetz) hat nicht dazu geführt, dass bundesweite Qualitätsstandards vorhanden sind. Die Orientierung der pädagogischen Arbeit an den Kinderrechten, die Menschen- und Kinderrechtsbildung und insbesondere die Verwirklichung des Rechts auf Mitbestimmung ist bisher nicht flächendeckend in den frühpädagogischen Ausbildungs- und Hochschulcurricula der Bundesländer verankert (siehe Kapitel 1 (g)).

Für Kinder mit sogenanntem Migrationshintergrund sowie für Kinder aus Familien mit sozioökonomischer Benachteiligung waren die Zugangshürden im Berichtszeitraum weiterhin höher als für andere Kinder. Für geflüchtete Kinder ist dieser Zugang zum Teil ausgeschlossen. Auch wenn der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund stieg und 2017 bei 28 Prozent lag , bleibt ihre Bildungsbeteiligung vor dem Schuleintritt hinter der von Gleichaltrigen ohne sogenannten Migrationshintergrund zurück. Besonders gering ist der Anteil bei Kindern, deren beide Elternteile einen sogenannten Migrationshintergrund haben, sowie bei Kindern aus Familien der ersten Zuwanderergeneration.

Beim weiteren quantitativen Ausbau muss die qualitative Entwicklung gelingen. Dies ist zur Verwirklichung des Bildungsziels der „bestmöglichen Entfaltung von Persönlichkeit, Begabungen und Fähigkeiten des Kindes“ (Artikel 29 Absatz 1a) sowie angesichts einer anzustrebenden flächendeckenden nachhaltigen Umsetzung der Partizipation von Anfang an (gemäß Artikel 12 UN-Kinderrechtskonvention) unabdingbar.

  • Die National Coalition Deutschland empfiehlt dem UN-Ausschuss, die Bundesregierung aufzufordern,
  • 103. in Kitas und Tagespflege bundesweite Qualitätsstandards zu entwickeln, die an den besten Interessen der Kinder orientiert sind;
  • 104. im Rahmen des Gute-KiTa-Gesetzes bei Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern sowie in den Bildungsplänen für den Elementarbereich der Länder ausdrücklich auf die Kinderrechte Bezug zu nehmen;
  • 105. für Familien mit besonderen Bedarfslagen die Zugangshürden zu Angeboten der frühen Bildung abzubauen. Hierzu gehört die wirksame Beratung der Eltern zu Möglichkeiten der Beitragsermäßigung.
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